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Dirty Old (Wo)Men?

In dieser Übung geht es um literarische Konstruktionen von Körperlichkeit und Sexualität im Alter. Literarische Darstellungen (wie auch jene der bildenden Kunst) können dazu beitragen, das Thema Alterssexualität zu individualisieren und im kulturellen und gesellschaftlichen Diskurs sichtbar zu machen. Lernende sollen Literatur als Forum der Diskussion und des Experimentierens mit (zukünftigen) Lebens- und Alterskonzepten bzw. mit Konzepten des Alterns kennenlernen und erfahren, dass mit den Formen immer auch Normen von Sexualität und Alter(n) verhandelt werden. Am Beispiel von Sexualität und Alter können aktuelle Fragen der Gesellschaft und Ethik diskutiert werden. Ebenso bietet es sich an, unterschiedliche theoretische Ansätze aus Genderforschung, Alter(n)sforschung und Literaturtheorie (close reading; produktions- und rezeptionstheoretische Aspekte) zu thematisieren und kritisch zu betrachten.  

 

UNTERRICHTSABLAUF

Impuls-Zitat und Brainstorming

Hier eignet sich beispielsweise folgende Aussage des Soziologen Franz Kolland: „Es stimmt weder, dass Ältere kein Interesse am Sex haben, noch, dass sie keinen Sex haben, geschweige denn, dass sie keinen Sex haben wollen“ (http://www.meindfp.at/dynasite.cfm?dsmid=105007&dspaid=892717). Folgende Fragen können dazu gestellt werden: Welche drei Feststellungen trifft diese Aussage? Wogegen wendet sich dieses Zitat? Welche Begriffe sind zentral und müssen daher geklärt werden?

Klärung grundlegender Begriffe 

Im zweiten Schritt erfolgt zu den Themen Alter, Sexualität und Intimität ein theoretischer Input durch die Lehrenden. Anregungen dazu siehe PPP Bilder, 2 und 3. 

Textarbeit – vorläufiger Befund 

Die Lernenden erhalten einen Text, ohne dass ihnen Textsorte und AutorIn bekannt gemacht werden. In PartnerInnen- oder Gruppenarbeiten sollen Überlegungen zu Publikationsumgebung, Zielpublikum, Funktion/intendierte Wirkung und Textsorte angestellt werden:

Folgende Texte können für die Ausarbeitung der Fragen herangezogen werden:

Die Lernenden präsentieren ihre Ergebnisse, die von der Lehrkraft gesammelt und gegebenenfalls ergänzt und erläutert werden. Durch die Arbeit mit den Texten kann sichtbar gemacht werden, dass Sexualität im Alter zwar kein Tabuthema mehr ist, allerdings wird es in wissenschaftlichen Disziplinen und medialen Kontexten häufig in einem aufklärenden, rechtfertigenden oder auch provokativen Gestus verhandelt. Anschließend gibt die Lehrkraft Informationen zu den AutorInnen.

Literarische Texte und Altersdiskurs – Thesen

Zum Einstieg werden Erzählungen, Romane, Gedichte oder Theaterstücke gesammelt, die das Alter bzw. Altern thematisieren. Anschließend werden folgende Fragen zur Diskussion gestellt: Warum werden Themen wie dieses in Literatur und Kunst verhandelt? Was kann Kunst, was kann Literatur bewirken? Nach der Systematisierung der Ergebnisse werden Thesen formuliert. Anregungen finden sich in PPP Bilder 8.

Theoretische Aspekte: Geschlechterforschung, Alter(n)sforschung

Literaturwissenschaft UND Alter(n)sforschung haben wichtige Impulse aus der Geschlechterforschung bekommen. Ein zentraler Gedanke ist, dass scheinbar „natürliche“ Gegebenheiten wie Geschlecht und Alter kulturelle Normierungen darstellen. Wichtige AutorInnen sind Simone de Beauvoir, Judith Butler und Heike Hartung. Die Lehrkraft gibt einen theoretischen Input zu diesem Thema (PPP Bilder, 9 und 10) und fasst die wichtigsten Thesen zusammen. Wird stärker auf theoretische Aspekte fokussiert, dann können theoretische Texte oder Textteile von „ExpertInnengruppen“ anhand von Leitfragen erarbeitet und präsentiert werden.

Arbeit mit literarischen Texten

An literarischen Beispielen (Martin Walsers „Ein liebender Mann“, Elfriede Vavriks „Nacktbadestrand“) und ihrer Beurteilung durch die Literaturkritik sollen literarische Konstruktionen von Alter, Körper und Sexualität untersucht sowie ihre gesellschaftliche Relevanz diskutiert werden. Weitere Hinweise finden sich in den Downloads Modellstruktur für Unterrichtsmaterial und PPP Bilder. Abschließend wird noch einmal die Frage angesprochen, welche gesellschaftliche Relevanz literarische Darstellungen von Alter und Sexualität im Alter haben können. Ebenso wird thematisiert, was die literarischen Darstellungen und ihre Rezeption (LeserInnen, Literaturkritik) für den Umgang mit dem Thema Intimität und Sexualität im Alter bedeuten können. Die Lernenden werden aufgefordert, über weitere Themen und Werte nachzudenken, die im Umgang mit alten Menschen und ihrer Lebensform Aufmerksamkeit brauchen würden.

Literatur

Beauvoir de, Simone (2007): Eine gebrochene Frau. Reinbek bei Hamburg. 
Bovenschen, Silvia (2006): Älter werden. Notizen. Berlin.
Butler, Judith (1991): Das Unbehagen der Geschlechter. Frankfurt am Main. 
Hartung, Heike (2005): Alter und Geschlecht. Repräsentationen, Geschichten und Theorien des Alter(n)s. Bielefeld.
Kolland, Franz (2010): Sex im Alter. Generation Silversex. Österreichische Akademie der Ärzte. Verfügbar unter: http://www.meindfp.at/dynasite.cfm?dsmid=105007&dspaid=892717. (download am 28.8.2012)
Schwitzer, Silvana (2006): Liebe im Alter: Brauchen alte Menschen keinen Sex mehr? In: Medical Tribune. 20.11.2006. Verfügbar unter: http://www.medical-tribune.de/home/fuer-patienten/artikeldetail.html?tx_ttnews%5Btt_news%5D=9635. (download am 28.8.2012)
Vavrik, Elfriede (2011): Nacktbadestrand. Berlin.
Walser, Martin (2008): Ein liebender Mann. Reinbek bei Hamburg.

Autorin

Ursula Klingenböck

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