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Nie zu spät für Sex und Zärtlichkeit

Anhand von Film- und Literaturbeispielen reflektieren die Lernenden den medialen Umgang und eigene Vorstellungen zu Sexualität und Zärtlichkeit im Alter. Sie setzen sich aber auch mit Ergebnissen von Studien auseinander, die aus unterschiedlichen Blickwinkeln Alterssexualität beforscht haben. Dabei reflektieren sie, wie in quantitativen und qualitativen Studien zu diesem sensiblen Thema Daten erhoben wurden. Schließlich wird anhand der Studien und Filmbeispiele reflektiert, inwiefern gerade beim Umgang mit Sexualität im Alter das Recht auf Selbstbestimmung und Privatsphäre verletzt wird.

Unterrichtsablauf

Die Bedeutung der Sexualität als wichtiger und umfassender Lebensaspekt wird sichtbar gemacht, indem gemeinsam Dimensionen des Begriffs Sexualität besprochen werden, die mit der Geschlechtlichkeit von Menschen verknüpft sind (z.B. Körperlichkeit, Erotik, Emotionen und Gefühle, Berührung, Vertrauen, Intimität und Nähe, Lust). Daran kann die Frage angeschlossen werden, inwiefern Sexualität zu den verletzlichsten Bereichen einer Person und einer Persönlichkeit gehört.

Die Lernenden sehen sich Filmausschnitte oder Trailer verschiedener Filme an (Wolke 9, Hanna Free, Anfang 80 – Für junge Liebe ist es nie zu spät) und/oder lesen die Kurzbeschreibungen (Film- und Literaturbeispiele) dazu. Dann erhalten die Lernenden Kärtchen, auf denen sie Antworten auf folgende Fragen geben: Was hat Sie überrascht? Was hat Sie betroffen gemacht? Was hat das mit der eigenen Person zu tun? Die Kärtchen werden im Raum aufgeklebt und sollten in einem Rundgang von allen gelesen, jedoch nicht kommentiert werden.
Daraufhin werden folgende Fragen diskutiert: 

Nach dieser Auseinandersetzung erhält jede Gruppe die Zusammenfassung einer Studie (Studienergebnisse Sexualität Alter) und beantwortet wieder auf Kärtchen die drei Fragen: Was hat Sie überrascht? Was hat Sie besonders betroffen gemacht? Was hat das mit der eigenen Person zu tun? Die Kärtchen werden im Raum aufgeklebt und sollten in einem Rundgang von allen gelesen, jedoch nicht kommentiert werden.
Im Plenum werden schließlich Unterschiede in der fiktionalen und wissenschaftlichen Auseinandersetzung besprochen (z.B. Wissenschaft konstruiert klare Kategorien mit genauen Altersangaben, genauen Begriffen, Spielfilme sind persönlicher, konkreter, regen Gefühle an). Dabei gilt es zu betonen, dass unsere Vorstellungen von Alterssexualität sowohl durch Filme als auch durch Studien, aber auch durch unsere persönliche Auseinandersetzung geprägt werden.

Aus den unterschiedlichen Auseinandersetzungen werden Aspekte zusammengetragen, die das Recht auf Selbstbestimmung und Privatsphäre von Personen gefährden sowie die Würde von Menschen verletzen. Kommen mehrere Aspekte zusammen (wenig Geld, keine Familie, hochaltrig, Behinderungen, homosexuelle Orientierung etc.), sind Mehrfachdiskriminierungen möglich, es wird für diese Personen immer schwieriger, ihre Selbstbestimmung zu wahren. Um in diese Problematik einzuführen, kann von der Lehrperson ein kleiner Input zur Intersektionalität und zur Selbstbestimmung und Privatsphäre aus philosophischer, soziologischer und rechtlicher Sicht gegeben werden. 

Abschließend wird besprochen, was notwendig ist, um Verletzungen dieser elementaren Rechte im privaten und beruflichen Kontext zu vermeiden: Reflexionen eigener Vorstellungen und medialer Vermittlungen sowie Informationen aus Betroffenensicht.
Besondere Achtsamkeit ist notwendig bei Personen mit Mehrfachdiskriminierungen. 

Variation

Eine weitere Möglichkeit wäre, Unterschiede zwischen quantitativen und qualitativen Forschungsmethoden herauszuarbeiten und ihre Vor- und Nachteile im Zusammenhang mit dieser Thematik zu diskutieren (detailliertere Angaben, offenere Kategorien möglich).

Filme

Wolke 9, Andreas Dresen, D 2008.

Hanna Free, Wendy Jo Carlton, USA 2009.

Anfang 80 – Für junge Liebe ist es nie zu spät, Sabine Hiebler/Gerhard Ertl, A 2011.

Literatur

Vavrik, Elfriede (2011): Nacktbadestrand. Berlin.

Studien

Allen, Rebecca S./Petro, Kathryn N./Phillips, Laura L. (2009): Factors influencing young adults’ attitudes and knowledge of late-life sexuality among older woman. In: Aging and Mental Health 13/2, 238–245.

Bouman, Walter Pierre/Arcelus, Jon/Benbow, Susan Mary (2007): Nottingham study of sexuality and ageing (NoSSA II). Attitudes of care staff regarding sexuality and residents: A study in residential and nursing homes. In: Sexual and Relationship Therapy 22/1, 45–61.

Brotman, Shari/Ryan, Bill/Cormier, Robert (2003): The Health and Social Service Needs of Gay and Lesbian Elders and Their Families in Canada. In: The Gerontologist 43/2, 192–202.

Bucher, Thomas/Hornung, Rainer/Buddeberg, Claus (2003): Sexualität in der zweiten Lebenshälfte. Ergebnisse einer empirischen Untersuchung. In: Zeitschrift für Sexualforschung 16, 249–271.

Hinrichs, Kate L./Vacha-Haase, Tammi (2010): Staff Perceptions of Same-Gender Sexual Contacts in Long-Term Care Facilities. In: Journal of Homosexuality 57/6, 776–789.

Roach, Sally M. (2004): Sexual behaviour of nursing home residents: staff perceptions and responses. In: Journal of Advanced Nursing 48/4, 371–379.

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