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IKEA - Identität

Die Lernenden setzen sich anhand Heiner Keupps vielschichtigem Artikel „Normalität und Abweichung“ mit Fragen von Normalisierungsprozessen auseinander: mit historischen Veränderungen der Deutungsmacht, den zwei aktuell dominanten Identitätserzählungen des „fundamentalistischen Selbst“ und der „IKEA-Identität“ sowie mit Alternativen dazu. Ziel ist es, zu verstehen, wie und wodurch Vorstellungen von Normalität und Gesundheit geprägt werden und wie problematisch bzw. demütigend es sein kann, sie realisieren zu müssen bzw. sie nicht hinterfragen zu können.

Unterrichtsbausteine

Um zu zeigen, wie Vorstellungen von Gesundheit und Normalität in den letzten 200 Jahren verändert wurden, werden die von Heiner Keupp vorgestellten Aussagen von Psychologen und Psychiatern (Keupp 2007, 3–10) untersucht. Jede Gruppe arbeitet eines der Deutungsmuster anhand folgender Fragen heraus:

Im Klassenraum werden Plakate aufgehängt, auf denen die Lernenden nun den heutigen Gesundheitsdiskurs charakterisieren, indem sie sich die dominanten Bilder und Sätze vergegenwärtigen, mit denen Gesundheit inszeniert wird. Sie notieren Stichwörter, malen Bildchen zu den bereits diskutierten Fragen: zur herrschenden Kritik am Status quo, zu dominanten Idealvorstellungen und zuständigen AkteurInnen. Die Ergebnisse werden für alle zusammengefasst.

Dann setzen sich die Lernenden mit der Frage auseinander, inwiefern den dominanten Vorstellungen von Gesundheit entsprochen wird oder nicht, und was die Gründe dafür sein könnten. Sanktionen werden diskutiert. Außerdem wird besprochen, wo und von wem heute der herrschende Gesundheitsdiskurs geführt wird (Medien, Zeitschriften, Produktinformationen etc.).

Die Lehrkraft erläutert die fünf Thesen Heiner Keupps zu Gesundheitsdiskursen (Normalitätsdiskurse: Vom Fremdzwang zum Selbstzwang, 9–11) und setzt sie mit den vorangegangenen Diskussionen in Verbindung: Inwiefern liefert der theoretische Text Erklärungen für die Einschätzungen der Lernenden? Wo geht er über sie hinaus? Inwiefern widerspricht er ihnen?
Nach der Lektüre des Kapitels suchen die Lernenden in verschiedenen Medien nach Illustrationen und Beispielen, mit denen sie ausgewählte Passagen veranschaulichen bzw. belegen: z.B. Inserate, Fotos, Produkte, Fernsehprogramme, die als Teil des Marktes für Gesundheit/Lebenshilfe bzw. als Produktionsstätten von Normalität gelten können.

In Gruppen werden die zwei derzeit dominierenden Identitätserzählungen sowie das salutogenetische Konzept anhand markanter Begriffe/Aussagen herausgearbeitet: z.B „IKEA-Mensch“, „fundamentalistisches Selbst“, „Kohärenzsinn“. Die Modelle werden im Plenum präsentiert. Statt einer Diskussion erfinden die Lernenden weitere Begriffe, mit denen die drei Identitätsmodelle charakterisiert werden könnten. Sie kreieren Collagen, in denen entweder die verschiedenen Identitätspolitiken kollidieren oder die nur von Prototypen einer Identitätsart bevölkert sind. 

Variante

Möglich ist es auch, die Inhalte des Artikels von den Lernenden selbst erarbeiten zu lassen. Jede Gruppe übernimmt von der Lehrkraft ausgewählte Begriffe oder Metaphern des Textes und hält Impulsreferate, in denen diese erklärt werden. Zu den oben genannten würden sich beispielsweise noch folgende eignen: „Selbstvergesellschaftung“ (9), „Statt in die Tiefe gehe ich in die Breite“ (15), „Grenzmanagement“ (18), „neoliberale 'Dekonstruktion’“ (19), „Exklusionsempfinden“ (20).

Verwendete Literatur 

Keupp, Heiner (2007): Normalität und Abweichung. Vortrag bei der 6. bundesweiten Fachtagung Erlebnispädagogik vom 06.–08. September 2007. Freiburg. Mit bestem Dank für die Möglichkeit der Veröffentlichung!  

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